Jede Generation hat ihre Aufgabe: Während die Nachkriegsgeneration den Wiederaufbau wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Beziehungen in einem zerstörten Europa bewerkstelligen musste, stellt sich für die sogenannte Generation X, die zwischen 1965 und 1980 geboren wurden, und die Millennials, die zwischen 1981 und 1996 geboren wurden, die Bewältigung der Klima- und Biodiversitätskrise als Generationenaufgabe.
Umbau des Wirtschaftssystem
Die Wahrnehmung der persönlichen Verantwortung zum Schutz unseres Planeten ist das eine. Die Mobilisierung großer Investitionssummen zur Ergreifung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen das andere. Neben den individuellen Bemühungen um einen kohlenstoffarmen Lebensstil innerhalb der planetaren Grenzen sind insbesondere staatliche Maßnahmen auf Wirtschafts- und Gesellschaftsebene erforderlich. Diese können wiederum durch private Investitionen verstärkt und der Übergang zu einem kohlenstoffarmen Wirtschaftssystem beschleunigt werden.
Riesiges Einsparpotenzial
Laut dem letzten Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) sind die Potenziale und Kosten für die Reduktion von Treibhausgasemissionen im Bereich der Energieerzeugung am größten: Global betrachtet können rund 6.000 Megatonnen CO2-äquivalenter Emissionen pro Jahr zu Kosten von bis zu 20 USD je Tonne durch den konsequenten Ausbau von Wind- und Solarenergie eingespart werden. Dies entspricht rund 10 % der globalen treibhausgasäquivalenten Emissionen[1] des Jahres 2019 (IPCC_AR6_WGIII, S. 229). Keine der vom IPCC genannten Alternativen bietet ein derartiges Reduktionspotenzial bei vergleichbar geringen Kosten.
[1] Diese umfassen neben den Emissionen fossiler Energieträger und der Industrie auch die Emissionen aus Landnutzungswandel, Methanemissionen, Stickoxide wie Lachgas, welches insb. in der Landwirtschaft entsteht sowie fluorierte Gase (IPCC_AR6_WGIII, S. 229).
Strategie für nachhaltige Finanzen
In der Europäischen Union wurde das Einsparpotenzial und der damit verbundene Investitionsbedarf vor allem durch die Entwicklung und Aktualisierung der „Sustainable Finance“-Strategie berücksichtigt. Die bekanntesten Ergebnisse dieser Strategie sind die Taxonomie-Verordnung als Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten und die Offenlegungs-Verordnung, die Transparenzanforderungen für nachhaltige Finanzprodukte formuliert. Während die Taxonomie-Verordnung fest legt, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als ökologisch nachhaltig betrachtet werden, bestimmt die Offenlegungs-Verordnung, welche Transparenzanforderungen für Finanzprodukte gelten, die in nachhaltige Aktivitäten investieren. Beide Verordnungen hängen daher eng miteinander zusammen.
Nachhaltige Finanzprodukte
Nicht erst seit dem Aufkommen der „Sustainable Finance“-Strategie hat der Finanzmarkt eine Vielzahl von nachhaltigen Finanzprodukten entwickelt. Nach Angaben des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) erreichte das Volumen nachhaltiger Geldanlagen im Sinne der Offenlegungs-Verordnung bis Ende 2021 über 500 Milliarden Euro, was einem Marktanteil von 9,4 Prozent entspricht. Davon entfielen über 240 Milliarden Euro auf Fonds für Privatinvestoren.
Unterschiedliche Strategien für unterschiedliche Anlegertypen
Die erste Anlagegruppe bilden Finanzprodukte, die ihre Anlagestrategie speziell an den Werten und Überzeugungen der Emittenten und Investoren orientieren. Dadurch können Investitionen in einzelne Branchen und Industrien wie z. B. Rüstung, Luxusgüter, Tabak, Alkohol oder auch fossile Energieträger ausgeschlossen werden. Das Ziel hierbei ist es, den Kapitalzugang für einzelne Branchen zu erschweren oder gänzlich zu verhindern. Die Transformation des Wirtschaftssystems steht jedoch weniger im Vordergrund. In der Literatur wird diese Produktkategorie als erste Generation nachhaltiger Finanzprodukte bezeichnet (Schoenmaker, 2018).
Mit dem Aufkommen von Ratings und Analysen kamen in der sogenannten zweiten Generation nachhaltiger Finanzprodukte auch solche Produkte in den Markt, die ihre Investitionsstrategie nach gewissen Themen auswählten. Diese screening-basierten Strategien verfolgen insbesondere die Absicht, in die jeweiligen Technologieführer einer Branche unter einer vorher bestimmten Thematik zu investieren. So kann ein Produkt, dass in die jeweils CO2-effizientesten Unternehmen einer Branche investieren will, diese anhand ihres ausgewiesenen CO2-Fußabdrucks auswählen. Oftmals finden sich in diesen Portfolien mehrheitlich IT-Technologie-Unternehmen, da diese üblicherweise einen geringeren CO2-Anteil je Umsatz erzielen als beispielsweise Industrieunternehmen. Auch bei screening-basierten Strategien steht weniger der Transformationsgedanke im Vordergrund als vielmehr der Wunsch, finanzielle Erträge mit einem möglichst geringen CO2-Ausstoß zu erzielen.
Die dritte Generation wird als sogenanntes Impact-Investment bezeichnet (Schoenmaker, 2018). Intention dieser Art von Finanzprodukten ist es, Anlegenden die Möglichkeit einer nachhaltigen Geldanlage zu bieten, die neben einer finanziellen auch eine soziale oder ökologische Rendite ermöglicht. Impact-Investments gibt es nicht erst seit Inkrafttreten der Taxonomie-Verordnung: Insbesondere Akteure aus dem kirchlichen Bereich bieten sie bereits seit den 1970er Jahren an und schaffen nachhaltige soziale Entwicklung in Ländern des Globalen Südens. Gleichwohl schafft die Taxonomie-Verordnung nun den Rahmen für einen ökologischen Impact. Dieser ist gegeben, wenn die Investitionstätigkeit eines Finanzprodukts zu einem der Umweltziele der Verordnung beiträgt und dabei keinem der übrigen Umweltziele schadet. Wenngleich es auch Kritikpunkte an der Taxonomie gibt, stellt sie global betrachtet derzeit ein einzigartiges Klassifizierungsverfahren zur Bestimmung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten dar. Diese Gruppe von Finanzprodukten stellt die aktive Förderung von Umweltzielen in den Fokus und fördert damit die Transformation hin zu einer kohlenstoffarmen Kreislaufwirtschaft im Sinne der Zielsetzung auf europäischer Ebene.
Eigenschaften von Finanzprodukten einfach und transparent vergleichen
Die Bandbreite an nachhaltigen Finanzprodukten ist groß. Gleichzeitig bietet sich hierdurch für jeden Anlegertyp die Möglichkeit, ein Produkt zu finden, das den jeweiligen Wünschen und Zielen entspricht. Von der Berücksichtigung eigener Wertvorstellung bei der Erzielung von Rendite, über screening-basierte Ansätze, die Investitionen in die jeweiligen Technologieführer einer Branche investieren, hin zu wirkungsorientierten Investments, bei denen die Investition aktiven ökonomischen Wandel finanziert und damit neben einer finanziellen auch eine ökologische Rendite liefert.
Bei der Wahl des passenden Finanzproduktes, ist es hilfreich, auf standardisierte und vergleichbare Informationen zurückzugreifen, um die Eigenschaften der Anlagestrategien verstehen und mit der eigenen Zielsetzung abgleichen zu können. Hierfür gibt es seit Januar 2023 das einheitliche europäische Muster über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungen bei Finanzprodukten. Die darin enthaltenen Informationen müssen Anbieter nachhaltiger Finanzprodukte potenziellen Anlegenden im Rahmen vorvertraglicher Angaben kostenfrei zur Verfügung stellen. In der Regel findet man das Muster in den Dokumenten der vorvertraglichen Informationen wie beispielsweise dem Verkaufsprospekt oder auf der Internetseite des jeweiligen Anbieters.
Quellen: Forum Nachhaltige Geldanlagen, FNG, (2022): Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen 2022 – Deutschland, Österreich und die Schweiz; Intergovernmental Panel on Climate Change (2022): Climate Change 2022 – Mitigation of Climate Change, Working Group III contribution to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change; Schoenmaker, D. (2018): A framework for sustainable finance, CEPR working paper series.