Herr Dr. Hochscherf, Sie sind vor 1,5 Jahren als ESG- und Nachhaltigkeitsmanager zu hep gekommen. Was konnten Sie in dieser Zeit bewegen?
Wir haben die Zeit seit Anfang 2022 intensiv genutzt und die Bereiche der Projektentwicklung und der Kapitalverwaltung wesentlich enger in Bezug auf Nachhaltigkeit miteinander verzahnt. Wir kennen die Anforderungen nachhaltiger Investmentfonds sehr genau und können diese nun in Anforderungen an unsere Projektentwicklungsteams übersetzen. Durch das einzigartige Geschäftsmodell von hep sind wir in der Lage, die strengen europäischen Nachhaltigkeitsanforderungen an Geschäftstätigkeiten, die zum Umweltziel „Klimaschutz“ beitragen, umzusetzen und bei unseren Solarparks vor der Investitionsentscheidung zu berücksichtigen und zu bewerten.
Daneben haben wir den bestehenden Nachhaltigkeitsansatz von hep weiter geschärft und sorgen mit einer weiter entwickelten Nachhaltigkeitsstrategie für mehr Transparenz bei unseren Investierenden.
Wie genau erhöhen Sie die Transparenz und welche Schritte sind hier zu gehen?
Viele Akteure im Bereich der erneuerbaren Energien ruhen sich auf der Einsicht aus, dass viele potenzielle Anlegende ihr Produkt als grundsätzlich nachhaltig betrachten. Natürlich weist die Energie, die mit solchen Anlagen gewonnen wird, einen geringen CO2-Fußabdruck auf. Das bedeutet aber nicht, dass man Solarparks nicht noch nachhaltiger und emissionsärmer bauen kann. Wir haben in einem ersten Schritt die im Zusammenhang mit der Entstehung unser Solarparks stehenden CO2-Emissionen ermittelt und diese mit Szenarien verglichen, die für die Energiewirtschaft als 1,5 °C-konform angenommen werden. Hierdurch erhält der Anleger die Gewissheit, dass seine Investition einen kontinuierlichen Beitrag zur Erreichung der Zielsetzung des Pariser Klimaabkommens leistet. Daneben erfassen wir aber auch weitere Indikatoren, wie beispielsweise den Schadstoffeintrag unserer Parks durch Pflanzenschutzmittel – das Thema Nachhaltigkeit hat viele Dimensionen.
Sie sprechen es an, das Thema Nachhaltigkeit ist vielschichtig. In der Presse ist zu lesen, dass solare Lieferketten auch soziale Defizite aufweisen. Wie gehen Sie damit um?
Durch den von uns im Jahr 2022 platzierten Klimaschutzfonds haben wir uns den EU-Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten verpflichtet. Dies wird auch künftig der Standard sein, nachdem wir Investitionsobjekte bewerten.
Mit welchen kurz- und langfristigen Entwicklungen rechnen Sie im Markt für nachhaltige Finanzprodukte?
Ich beobachte aktuell eine Lücke zwischen den Nachhaltigkeitsversprechen großer Kapitalanleger und dem, was tatsächlich investiert wird. Jüngste Studien über die Anlageportfolien der größten Kapitalanleger weltweit zeigen: Für jeden Euro, der in erneuerbare Energien investiert wird, fließt das 2,8-fache in fossile Energien. Gleichwohl sind europäische Assetmanager führend in der Dekarbonisierung ihrer Portfolien. Mit Inkrafttreten der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) rollen weitreichende Offenlegungsverpflichtungen auf die Unternehmen der Realwirtschaft zu. Diese Daten können die Anbieter von Finanzprodukten nutzen, um datenbasiert und zielgruppengerecht Finanzprodukte zu bauen, die unterschiedliche Präferenzen potenzieller Anleger widerspiegeln. Zentral hierbei wird sein, dass Anbieter von Finanzprodukten die nötigen Kompetenzen aufbauen, um die Daten der CSRD richtig zu lesen und zu interpretieren. Auch Finanzberater müssen sich auf diese Datenflut vorbereiten, um ihre Kunden angemessen beraten zu können.
Worauf sollten Anlegerinnen und Anleger bei der Wahl eines nachhaltigen Investments achten?
Untersuchungen zeigen, dass Anlegerinnen und Anleger beim Thema Nachhaltigkeit schon zufrieden sind, wenn irgendeine Art von Nachhaltigkeitsstrategie berücksichtigt wird. Der Klassiker seitens der Produktanbieter ist hierbei zu erklären, dass die Investitionen zur Erreichung einzelner oder aller Sustainable Development Goals (SDG) beitragen. Besser wäre es, wenn der Anleger oder die Anlegerin fragen würde, welches Erwärmungsszenario mit den Investitionen eines Produkts verbunden ist. Oder wie hoch der Anteil der Investitionen in nachhaltige Investitionen oder bestimmte Branchen nach der Anlagestrategie ist. Das erfordert Kenntnis und Sachverstand, sowohl auf Seiten des Beraters wie auf Seiten des Kunden. Nachhaltige Produktanbieter können dabei zur nötigen Schulung und Wissensvermittlung an Berater beitragen. Berater können sodann über die Verpflichtung zur Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen mit ihren Kunden ins Gespräch zum Thema Nachhaltigkeit kommen und diese Abfrage nicht nur als lästige Pflicht verstehen. An der Handhabung dieser Pflicht erkennt der Kunde aus meiner Sicht einen Berater, der die Wünsche seiner Kunden aus verschiedenen Perspektiven betrachtet.